Eiweiße sind keine Modeerscheinung der Fitnessindustrie. In der traditionellen Ernährung waren sie immer in Eiern, Hülsenfrüchten, Milchprodukten, Bohnen und Fleisch an Sonntagen präsent... Das Problem der modernen Ernährung ist, dass sie schnell, weich und oft hauptsächlich aus Kohlenhydraten und Fetten besteht, während Eiweiße im Hintergrund bleiben.
Was sind Eiweiße überhaupt
Eiweiße sind die Bausteine des Körpers. Aus ihnen bestehen Muskeln, Haut, Haare, Nägel, aber auch Enzyme und Abwehrzellen. Wenn wir es mit dem Bau eines Hauses vergleichen: Eiweiße sind die Ziegel, ohne die die Wände nicht stehen bleiben.
Aminosäuren sind kleine Teilchen, aus denen Eiweiße bestehen. Einige Aminosäuren kann der Körper selbst herstellen, andere jedoch nicht. Diese müssen wir über die Nahrung aufnehmen. Deshalb ist es wichtig, woher die Eiweiße kommen, nicht nur wie viel wir davon essen.
Die allgemeine Empfehlung ist, dass ein Erwachsener etwa 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht benötigt. Das bedeutet, dass eine Person mit 70 Kilogramm etwa 56 Gramm Eiweiß pro Tag braucht.
Das ist in der Praxis nicht viel. Eine Portion Hühnerbrust enthält etwa 30 Gramm Eiweiß. Zwei Eier etwa 12 Gramm, eine Tasse gekochte Bohnen oder Linsen etwa 15 bis 18 Gramm.
Aber hier gibt es eine wichtige Einzelheit: Die meisten Menschen nehmen Eiweiß ungleichmäßig zu sich. Morgens fast gar nicht, tagsüber ein wenig und abends den Großteil. Der Körper braucht Eiweiß allerdings den ganzen Tag, nicht nur abends.
Warum wir im Alter mehr Eiweiß brauchen
Nach dem 40. Lebensjahr beginnt der Körper langsam, Muskelmasse zu verlieren. Das nennt man das natürliche Altern der Muskeln. Das bedeutet, dass die Muskeln ohne ausreichend Eiweiß und Bewegung nach und nach schwächer werden. Studien aus dem Jahr 2025 zeigen, dass ältere Erwachsene mit einer etwas höheren Eiweißaufnahme den Muskelschwund um 20 - 30 % verlangsamen können.
Dasselbe gilt für Schwangere, stillende Mütter und sehr aktive Menschen. Sie alle benötigen mehr Eiweiß, weil der Körper es schneller verbraucht.
In Europa ist schwerer Eiweißmangel selten, aber ein leichter und langanhaltender Mangel ist viel häufiger, als wir denken. Der Körper gibt dann nicht auf, sondern beginnt zu sparen. Und er spart dort, wo es nicht fürs Überleben notwendig ist – bei Haaren, Haut, Muskeln, Stimmung.
Das sind Anzeichen, die wir oft Stress, Alter oder schlechtem Schlaf zuschreiben, tatsächlich aber kann es sich um ein simples Ernährungsungleichgewicht handeln.
Geschwollene Knöchel und Beine – wenn der Körper Wasser zurückhält
Wenn Sie bemerken, dass Ihre Beine abends anschwellen, kann das ein Zeichen dafür sein, dass Ihrem Körper Eiweiß fehlt. Im Körper gibt es ein Eiweiß namens Albumin, das dafür sorgt, dass Flüssigkeit dort bleibt, wo sie hingehört – in den Blutgefäßen.
Wenn zu wenig Eiweiß vorhanden ist, beginnt sich Flüssigkeit in den Geweben anzusammeln. Das zeigt sich zuerst an den Knöcheln, Füßen und manchmal am Bauch. Auch wenn die Ursache etwas anderes sein kann, ist anhaltende Schwellung immer ein Grund, die Ernährung zu überprüfen.
Stimmungsschwankungen und hungrige Gereiztheit
Haben Sie schon bemerkt, dass Sie gereizt werden, wenn Sie hungrig sind? Das nennt man im Scherz "hungernde Wut". Doch dahinter steckt ein konkreter Grund.
Das Gehirn braucht für gute Laune Stoffe wie Serotonin und Dopamin. Das sind Neurotransmitter, also chemische Botenstoffe im Gehirn. Sie entstehen aus Aminosäuren, die wir aus Eiweiß erhalten. Fehlt Eiweiß, kann das Gehirn die Stimmung nur schwer stabil halten. Studien aus 2021 zeigen, dass Menschen mit niedriger Eiweißaufnahme häufiger von Reizbarkeit und schlechter Konzentration berichten.
Haare, Nägel und Haut – erste Anzeichen für Mangel
Haare und Nägel bestehen aus einem Eiweiß namens Keratin. Wenn dem Körper Eiweiß fehlt, werden es zuerst Herz, Lunge und Muskeln erhalten, nicht aber die Haare. Deshalb treten bei anhaltendem Mangel folgende Symptome auf:
- Haarverdünnung,
- brüchige Nägel,
- trockene, fahle Haut.
Langsame Wundheilung – ein stilles Zeichen
Wenn Kratzer, Schnitte oder blaue Flecken langsamer als früher heilen, ist das ein Hinweis darauf, dass dem Körper Baumaterial fehlt. Eiweiß ist für die Regeneration der Gewebe unerlässlich. Studien aus 2020 zeigen, dass bei Menschen mit geringer Eiweißaufnahme kleinere Wunden bis zu 30 % langsamer heilen.
Schmerzende Muskeln und dauerhafte Müdigkeit
Muskeln sind nicht nur für die Bewegung da. Sie sind auch Energiespeicher. Fehlt Eiweiß, beginnt der Körper, die Muskeln abzubauen, anstatt sie zu regenerieren. Die Folgen sind:
- häufige Müdigkeit,
- schmerzende Muskeln ohne klaren Grund,
- geringere Leistungsfähigkeit.
Ständiger Hunger und Verlangen nach Süßem
Wenn Sie oft hungrig sind, auch kurz nach einer Mahlzeit, kann das ein Hinweis darauf sein, dass die Mahlzeit nicht genug Eiweiß enthielt. Eiweiß verlangsamt die Verdauung und hilft, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten.
Fehlt das Eiweiß, steigt der Blutzucker schnell an und fällt rasch wieder ab. Dann verlangt der Körper nach schneller Energie – Süßigkeiten. Studien aus 2023 belegen, dass Menschen mit höherer Eiweißaufnahme weniger Heißhunger auf Süßes haben.
Häufige Erkrankungen – wenn die Abwehr schwächer wird
Eiweiß ist für das Immunsystem entscheidend. Das Immunsystem ist das Abwehrsystem des Körpers gegen Viren und Bakterien. Ohne ausreichend Eiweiß kann der Körper Antikörper schlechter bilden. Das bedeutet häufigere Erkältungen und längere Erholungszeiten. Studien aus den Jahren 2020–2025 belegen, dass eine ausgewogene Ernährung mit genügend Eiweiß die Infektionsrate senkt.
Was die Volksweisheit sagt
Die traditionelle Ernährung basierte immer auf sättigenden Mahlzeiten. Bohnensuppe, Eier, Quark, Milch, Hülsenfrüchte. Süßigkeiten waren die Ausnahme, nicht die Grundlage. Heute ist es oft genau umgekehrt – und das spürt der Körper.
Die Lösung liegt nicht immer in Eiweißpulvern. Die Lösung ist, dass jede Mahlzeit mindestens eine Eiweißquelle enthält. Ein Ei, eine Handvoll Hülsenfrüchte, Joghurt, ein paar Nüsse. Viel ist nicht nötig, entscheidend ist die Regelmäßigkeit. Studien aus 2025 zeigen, dass Menschen, die Eiweiß gleichmäßig über den Tag verteilt zu sich nahmen, berichteten von:
- mehr Energie,
- weniger Hunger,
- besserer Stimmung.
Merken Sie sich: Eiweiß ist kein Luxus, sondern ein Grundnahrungsmittel. Und wenn Sie es dem Körper zurückgeben, bedankt er sich schneller, als Sie erwarten.












